Gruiten. Seine Haut ist empfindlich, mit den glänzenden Jungspunden kann er heute nicht mithalten. Dafür ist er weltgewandt. In Skagen war er, hat vier Alpenpässe überwunden.
Doch diese Reisen liegen schon einige Jahrzehnte zurück. Heute genießt er seinen beschaulichen Ruhestand in Gruiten.
Für Markus Niegel ist der alte VW Käfer mehr als nur ein Auto. Dessen ganzen Lebenslauf hat Niegel sich erzählen lassen und aufgeschrieben. Doch noch lieber erzählt er die Geschichten selbst.
Während er neben dem 54 Jahre alten Käfer steht und spricht, wandert sein Blick über den Lack, dann stockt er kurz und rubbelt mit dem Daumen einen kleinen Fleck auf der Kofferraumhaube weg.
„Das gibt es kaum noch, dass ein Oldtimer noch original lackiert ist“, sagt Niegel. Eine Schramme im Lack wäre so ziemlich das Schlimmste, was passieren könnte. Denn dieses spezielle „Diamantgrau
Metallic“ gibt es nicht mehr. Eine exakte Nachmischung ist unmöglich.
Seit dem Jahr 2007 gehört dem 45-Jährigen der Käfer mit Boxer-Motor. Hubraum: 1200 Kubikzentimeter. PS: 30. Landstraßentempo, mehr ist mit dem Schätzchen nicht drin. „Das macht nichts, da kriegt
man ein ganz anderes Verhältnis zur Zeit“, sagt Niegel.
Zuvor ruhte das Gefährt 34 Jahre lang unter einer verstaubten Plane im Schuppen des Vorbesitzers. Einmal pro Jahr wurde es gewaschen und mit neuem Mottenpapier ausgelegt. Rund 1000 Euro und eine
neue 6-Volt-Batterie waren nötig, um den Käfer wieder flott zu machen.
„Die träumen noch von Lamborghinis.“
Markus Niegel über die Auto-Leidenschaft seiner beiden Söhne
Dank der simplen Technik kann der Autoverkäufer das meiste selbst reparieren. „Wenn es komplizierter wird, habe ich einen befreundeten Schrauber, der hilft“, sagt Niegel. Aus der Garage geholt
wird der Oldtimer, Baujahr 1957, nur bei gutem Wetter. Schließlich sollen die Chromleisten keinen zusätzlichen Rost ansetzen.
Auf dem – natürlich originalgetreuen – Dachgepäckträger ist stets ein brauner Lederkoffer geschnallt. Ein Kofferraum an ungewohnter Stelle. „Da kommen Einkäufe rein“, sagt Niegel. Zu schade sei
etwa ein ausgelaufener Joghurt auf den braun-beige karierten Sitzbezügen.
Wirtin stellte ein Schild auf: „Für den Käfer mit dem Koffer“
Der Koffer ist mittlerweile zu einem Markenzeichen in der Gegend geworden, sagt Niegel: „Bei der Kommunion meines Sohnes hat die Wirtin eine Tafel auf den Parkplatz des Restaurants gestellt, auf
dem stand: Für den Käfer mit dem Koffer.“
Auf seine beiden Söhne, der Ältere ist zwölf Jahre alt, ist die Leidenschaft für alte Schätzchen indes noch nicht übergesprungen. „Die träumen noch von Lamborghinis“, sagt Niegel.